DeutschlandFischeRegionWels / Waller

Ich hab nen Waller drauf – Angeln mit der Upose auf Raubfische

Aktuell prüfe ich das Angeln mit der Upose auf Raubfische auf Herz und Nieren. Aber nicht wie man es vom Wallerangeln kennt, sondern in kleinerer Version auf Zander, Hechte und Rapfen.

Mit dem Funkboxnachkauf hätte man noch ein wenig warten können.
Mit dem Funkboxnachkauf hätte man noch ein wenig warten können.

Dass das sehr gut funktioniert habe ich bereits letztes Jahr im Herbst und dieses Frühjahr nach der Schonzeit feststellen können, als ich vorsichtige Stillwasserzander und -Rapfen fangen konnte.
Da für einen geplanten Bericht aber auch Räuber aus dem Fluss erwähnt werden sollen und ich noch Bildmaterial brauche, plante ich einen Ansitz am Main. Nach kurzer Rücksprache mit meinen Angelkollegen, welche Stellen aktuell in Frage kämen, entschied ich mich für eine Stelle mit sehr vielen Unebenheiten und Steinschüttungen unterhalb einer Staustufe im schnellen Wasser.

Bereits beim Aufbauen meines Bivies dachte ich, der Tag könnte nicht mehr besser werden – eingewickelt in die Bodenplane tauchte meine vor Wochen verloren gegangene Funkbox der Bissanzeiger wieder auf. „Geil, jetzt hab ich eine auf Reserve, sollte ich wirklich mal eine verlieren!“

Monstergrundel
Monstergrundel

Das Fangen geeigneter Köderfische stellte dann schon eine besondere Herausforderung dar. Rapfenbrut zupfte die Maden bereits beim Absinken der Feedermontage vom Haken. Dennoch konnte ich neben einigen Monstergrundeln zwei Rotaugen und einen Barsch in passender Größte erbeuten. Für Zander an der Upose sind das bei mir handlange Fische.

Die erste Rute wurde direkt beködert und neben dem Feedern ufernah in einer Verwirblung angeboten. Mit Einbruch der Dunkelheit platzierte ich den zweiten Köderfisch dann rund 30m vom Ufer entfernt geradeaus. Bedingt durch die starke Strömung und einer Montage, die viel Widerstand bietet drückte es dann das Blei von außen gegen eine parallel zum Ufer laufende Kante – also dahin, wo sich auch natürliche Nahrung sammelt.

Bereits zwei Ansitze zuvor hatte ich die Drillinge der Montage gegen einen einzelnen Circlehook getauscht.
Erstens um untermaßige Fische möglichst wenig zu verletzen und schonend zurücksetzen zu können und zweitens um mir selbst das Hakenlösen zu erleichtern sowie die Verletzungsgefahr für mich zu verringern.
Bisher hatte ich darauf noch keinen Fisch gefangen, was aber nur an nicht vorhandenen Bissen lag.
Die Theorie hinter diesem Hakentyp, der so gar nicht vertrauenserweckend aussieht, war mir bekannt und leuchtet beim genaueren Nachdenken aber ein.

Ein schlichtes Durchlaufblei, mit einem schwachen Wirbel um es im Fall der Fälle abreißen zu können, diente als Beschwerung. Die Bremse gerade so fest eingestellt, dass ein Fisch beim Biss Schnur nehmen kann, die Strömung aber nicht unkontrolliert Fehlalarme produziert.

So setzte ich mich dann ins Zelt, wärmte mich dank Heizung auf und daddelte auf dem Handy.
Den ersten, einzelnen Piepton hielt ich noch für Dreck, der sich kurzzeitig in der Schnur verfangen hatte.
Zwei Sekunden später aber gab es Dauerfeuer.
Ihr kennt den Ton, den ein Bissanzeiger von sich gibt, wenn jemand Meter um Meter Schnur durchkurbelt?
Genau so klang auch meine Funkbox.
Der kurze Sprint aus dem Zelt zur Rute wurde durch eine ‘Tanzeinlage aufgelockert, denn die steile Steinschüttung war alles andere als trittfest. Am Pod angekommen zeigte die rechte Rute quasi im 90°-Winkel stromabwärts. Die Rute, die weiter draußen positioniert war.
Genau wie vom Karpfenangeln gewohnt und ohne anzuschlagen nahm ich die Rute einfach nur auf und drehte die Bremse langsam immer weiter zu.
A propos Anschlag – der wär sowieso nicht drin gewesen, die Rute war nämlich von Anfang an komplett krumm.
„War ja klar, Zander beim Wallerangeln, warum dann nicht Waller beim Zanderangeln?“

Nach rund zwei Minuten „Drill“, sofern man konstanten Schnurabzug einen Drill nennen kann, kam mir dann wieder in den Sinn, dass ich ja mit Circlehooks fische:
„Offensichtlich funktioniert das wirklich einwandfrei. Hoffentlich sitzt der Haken ordentlich!“
Der Fisch gab trotz fast geschlossener Bremse kontinuierlich weiter flussabwärts Gas, sodass ich ihm erstmal ca. 30 Meter zu Fuß folgte, vorsorglich.
Bis mir einfiel, dass ich natürlich das Handy auf der Liege hatte liegen lassen. Also Bremse wieder etwas auf, Rückwärtsgang einlegen und Richtung Zelt. Ohne hinzufallen gelang es mir dann irgendwie mit tobendem Fisch an der Rute ins Zelt zu krabbeln und das Handy einzustecken.
Geschätzt hatte ich noch rund 150m Schnur auf der Rolle.
Bremse wieder zu, Fisch hinterherlaufen.

Am Ende der 30m Richtung Fisch war dann kein Durchkommen mehr, da das Ufer an dieser Stelle zu stark bewachsen ist, um mit aufrechter Rute weiterzulaufen.
„Wenigstens hat er mal gestoppt!“ Diesen Moment nutzte ich um meinen Angelpartner Sebastian anzurufen. „Hey, wie siehts denn aus, kannst du vorbeikommen? Ich hab nen Waller drauf.“
„Wie groß is er denn, kann ich denn vorher wenigstens noch duschen?“
„Naja, zieht gut ab, aber is glaub ich kein Monster. Schätze mal so 1,40-1,60 vom Drill her. Wenn du jetzt losfährst hab ich ihn denk ich gelandet, wenn du ankommst.“
„Jo, ok, dann bis gleich.“

„Wenn ich schon das Handy in der Hand hab kann ich ja wenigstens noch ein, zwei Videos machen.“
Aber partout jetzt wollte der Bursche keine so großen Fluchten wie zuvor mehr hinlegen.

Bis jetzt war der Drill auch noch nichts atemberaubendes passiert.
Es gab genau zwei Situationen: Entweder der Fisch riss 20, 30, 40m Schnur von der Rolle oder ich konnte einige Meter zurückgewinnen und einen nassen Sack herpumpen.
Ihr kennt das, wen ihr unter Wasser einen riesigen Ast eingesammelt habt und den langsam zu euch ranziehen könnt? Genau so sah mein Schnurgewinn aus.

Die typischen Wallerschläge in der Schnur fehlten aber fast völlig. „Liegt wahrscheinlich an der 0,33er Mono, die schluckt über die Länge.”

Das Verhalten der Rute bei Flusskarpfen über 35 Pfund kenne ich, und so sehr unterschied sich das nicht von dem Fisch, den ich am Haken hatte. Nur eben eine Nummer größer.

Nach weiteren 10 Minuten kam Sebastian, aber vom Fisch noch keine Spur zu sehen. Er wechselte immer wieder zwischen harter Strömung und ufernaher Kehrströmung, was auch den seltsamen Drill erklärt.
5 Minuten später kam dann das bekannte „Tock“, als der Schlagschnurknoten durch den Spitzenring lief.
Irgendwo 25 Meter vor uns am Grund drehte die Kaulquappe ihre Bahnen.

„Wo ist jetzt der Fisch?“
„Irgendwo da vorne, aber steht noch am Grund.“
Auf der angrenzenden Straße fuhr langsam ein Auto vorbei.
„Kopflampen aus, das letzte was ich jetzt brauchen kann ist Publikum!“

Als ich die Lampe wieder anschaltete sahen wir den Fisch zum ersten mal, jetzt ganz oberflächennah.
„Das wird mein PB!“
„1,70 knackt der schon, oder?

In dem Moment setzte der Waller nochmal sein Gewicht ein und mir wurde ganz anders, als ich sah mit wie wenig Aufwand und mit was für gemächlichen Bewegungen der Fisch meterweise Schnur zurückgewann.

„Krrrrz krz krrrrrrrrrrrz“

Sexy wie eh und je
Sexy wie eh und je

Das Geräusch von stark angerauhter Schnur in den Ringen machte mir ernsthaft Sorgen.
„Scheiße, die Schlagschnur is scheinbar ziemlich durch!
Wir machen das jetzt so Sebbo: Ich schau, dass ich den Fisch wieder einigermaßen her bekomme, drück dir die Rute in die Hand und geh dem Fisch entgegen.“

„Krrrrz Krrrrrrrrrrrrrz“

Mittlerweile hatte ich meine lange Unterhose und Jogginghose sowie Socken und Schuhe ausgezogen und drückte jetzt Sebbo die Rute in die Hand.

„Ich muss an die Schnur ran“
„krrrrrrrrrrz“
Kurz bevor ich in die Schlagschnur greifen konnte drehte der Fisch sich nochmals weg.
„krrrrrrrrrz“
Ich bekam die Schnur zwischen die Finger und fuhr ihr langsam zum Fischmaul entgegen.
„Alter is die rauh!“

Glücklichereise war der Fisch scheinbar komplett plattgedrillt, denn als ich die erste Hand zum Wallergriff anzusetzte kam keine Gegenwehr.
„Fuck is das n Unterkiefer!“

Sauberer Hakensitz und dicke Lippe
Sauberer Hakensitz und dicke Lippe

Von meinen bisherigen Wallern war ich gewohnt, dass ich mit dem Daumen komplett über die Zahnreihe übergreifen kann.
Der Kiefer dieses Fisches war aber so voluminös wie meine Handwurzel.
„Ich probiers mal, aber den kann ich sicher nicht alleine heben.“

Ich bin nicht gerade schmächtig auf der Brust, aber bei dem Fisch war nichts zu machen.
Während Sebbo die Abhakmatte bereit legte begutachtete ich den Hakensitz. Perfekt im Maulwinkel, besser hätte man es sich nicht wünschen können.
„Sebbo, du greifst ins Maul, ich nehm ihn etwa auf Höhe der Afterflosse. Und auch zu zweit war das kein einfaches Unterfangen die Böschung nach oben zu kommen.

Alleine heben? keine Chance!
Alleine heben? Keine Chance!

Weil meine Abhakmatte für Karpfen großzügig dimensioniert ist komme ich selten in den Genuss, dass diese der Länge nach voll ist. Bei diesem Schiff aber schaute nicht nur die Hälfte noch hinten raus, sondern auch in der Breite war wenig Spiel nach oben und unten.
Während ich den Haken löste, immernoch barfuß und ohne Hose, holte Sebbo das Metermaß.

Erst jetzt zeigte sich, dass hier die magische zwei Meter-Marke gefallen war. Der Zollstock lag vorne und hinten bündig an.
Berücksichtigt man, dass der Fisch durch die Abhakmatte etwas „gewellt“ lag, kommen wir auf eine Länge von rund 205cm.

Gewicht – keine Ahnung. Aber vor zwei Jahren wurde ein halb verhungerter „Aal“ von 198 bei fast 50 kg auf der selben Strecke gefangen. Dieser Moppel dürfte die 60kg also weit überschritten haben.
Dass die Bilder nicht der Hit sind – geschenkt.
Keiner hat damit gerechnet, dass ich auf die 2,75 lbs Karpfenrute und 0,33 Mono direkt beim ersten Flussfischen so eine Granate fangen würde. Dementsprechend liefen sowohl ich, als sicher auch Sebastian nur auf Adrenalin. Ehrliche Momentaufnahmen also.

Bei der Materialnachkontrolle rutschte mir dann das Herz nochmal in die Hose (Die ich mittlerweile wieder anhatte!) Die Schlagschnur quasi mit der Hand zerreißbar weil abgescheuert, das Stahlvorfach total verdrallt und aufgedröselt, der Haken leicht verbogen. “Da war mehr Glück als Verstand im Spiel.”

Nachts konnte ich dann noch einen Zanderfehlbiss verbuchen, sodass sich meine Stellenwahl auch als für den Zielfisch nicht ungeeignet herrausstellte.

Die Schlagschnur hat schon bessere Tage gesehen.
Die Schlagschnur hat schon bessere Tage gesehen.

Für mich ist dieses Erlebnis ein absolutes Highlight, weil der Fisch komplett unerwartet einstieg und viel Glück zum endgültigen Fang beitrug.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert